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Pensionskasse der Stadt Amriswil wechselt zur ProPublic

30. November 2023
Nicht zuletzt wegen des stark zunehmenden Verwaltungsaufwandes und der fehlenden Verfügbarkeit von fachlich spezialisiertem Personal, wird die Pensionskasse der Stadt Amriswil per Ende Jahr aufgelöst.

Pensionskassenpräsident Dr. Hanspeter Strickler hat schon vor einiger Zeit angekündigt, dass er seine Tätigkeit für die Pensionskasse der Stadt Amriswil nach 28 Jahren beenden möchte. Für die Pensionskassenverwaltung und den Stadtrat war dies der passende Moment, sich Gedanken zur Zukunft der Kasse zu machen. Dabei hat auch die 2021 erfolgte Auslagerung der technischen und kaufmännischen PK-Verwaltung an die ProPublic Vorsorge Genossenschaft mit einem Vertrag für vorerst fünf Jahre eine Rolle gespielt. Der Stadtrat hat sich im Juni 2022 über die Situation der Pensionskasse informieren lassen.

Prüfung einer Anschlusslösung
Der bevorstehende Rücktritt von Dr. Strickler stellt eine Herausforderung dar. Er bringt seit vielen Jahren das für ein Pensionskassenpräsidium notwendige Fachwissen mit. Die durch seinen Rücktritt entstehende Lücke müsste gleichwertig geschlossen werden. Gemäss dem Pensionskassenexperten könnte dies durch die Verpflichtung einer externen Fachperson erreicht werden. Eine weitere Herausforderung stellt aber die Anlagenbewirtschaftung der Pensionskasse dar. Strickler wirkt auch als Präsident der Anlagekommission. Diese Funktion benötigt Spezialwissen und ist verwaltungstechnisch aufwendig. Mit der Umstellung auf Passivanlagen wäre in diesem Bereich eine Lösung möglich. Als Alternative zur selbständigen Weiterführung der Pensionskasse prüfte die Pensionskassenkommission diverse Varianten von Anschlusslösungen. Zusammen mit dem PK-Experten wurden bei verschiedenen Pensionskassen, Sammelstiftungen sowie Gemeinschaftseinrichtungen Offerten eingeholt. Im Juni 2023 hat die Leitung der Pensionskasse der Stadt Amriswil über den aktuellen Stand der Dinge und die vorliegenden Anschluss-Angebote orientiert. Zu diesem Informationsanlass waren die Vertreter aller angeschlossenen Betriebe sowie die Arbeitnehmervertretung eingeladen. Dr. Hanspeter Strickler erklärte den Anwesenden, dass die Situation der Pensionskasse mit einem Deckungsgrad von 100.65 Prozent aktuell als gut zu bezeichnen sei, die Pensionskasse aber vor gewissen Herausforderungen stehe. So erweist sich die Rekrutierung von fachlich spezialisiertem Pensionskassen-Personal seit einiger Zeit als schwierig und wird die Führung einer Pensionskasse zufolge der stetig anwachsenden gesetzlichen Regulierungen zunehmend komplexer und damit aufwendiger, wie auch die starken Marktschwankungen sowie Tiefzinsphasen die Vermögensverwaltung erschweren. «Kommt hinzu, dass bei der Pensionskasse der Stadt Amriswil das demografische Verhältnis mit 1.8 unter dem schweizerischen Durchschnitt liegt», so Strickler. Die aktuell noch gute Situation könnte zudem dadurch beeinträchtigt werden, wenn sich einer der grösseren angeschlossenen Betriebe, beispielsweise die Bus Ostschweiz AG, zu einem Wechsel in eine andere Vorsorgeeinrichtung entscheiden würde.

Zwei Anschluss-Offerten
Insgesamt wurden neun Vorsorgeeinrichtungen angeschrieben und um eine Offerte gebeten. Von diesen haben zwei Kassen ein Angebot eingereicht, nämlich die Pensionskasse Thurgau (Kanton) und die ProPublic Vorsorge Genossenschaft mit 200 angeschlossenen Arbeitgebern; darunter vor allem politische Gemeinden, Schulgemeinden und Gemeindebetriebe. «Das von der Pensionskasse Thurgau zugestellte Angebot kam für Amriswil nicht infrage, weil für den Einkauf auf den aktuellen Deckungsgrad der PK Thurgau von 102.60 Prozent eine Einkaufssumme von mehreren Millionen Franken erforderlich gewesen wäre», erklärt Strickler weiter. Bei der Genossenschaft ProPublic entfällt eine solche Einkaufssumme, da dort ein gleich hoher Deckungsgrad wie bei der Pensionskasse der Stadt Amriswil vorliegt. Der Anschluss an eine Gemeinschaftslösung bietet klare Vorteile, wie tiefere Kosten dank der Verteilung der Verwaltungs- und Risikokosten auf eine Vielzahl von Anschlüssen; erhöhte Sicherheit für die Rentenverpflichtungen durch die Kassengrösse (per Ende 2022 wies die ProPublic eine Bilanzsumme von 1.87 Milliarden Franken und die Pensionskasse der Stadt Amriswil eine solche von 93.25 Millionen Franken aus); flexiblere Vorsorgepläne; verbesserte Leistungen; breit abgestützte Fachkompetenz sowie umfassende personelle Ressourcen. Als Nachteile zu erwähnen sind die Aufgabe der Selbstständigkeit und damit der eigenen Geschäftsführung; die räumliche Nähe zu den Aktivversicherten und das volle Mitspracherecht geht verloren; die Vermögensverwaltung liegt in Dritthänden und die Beiträge der Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmenden sind höher. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile sowie Kenntnisnahme der eingegangenen Feedbacks der Arbeitgeber hat die PK-Kommission Ende Juni beschlossen, den Versicherten einen Anschluss der Pensionskasse der Stadt Amriswil an die ProPublic Vorsorge Genossenschaft zu beantragen. «Wir haben damit die heutige gute Ausgangslage genutzt um auch in Zukunft gute und sichere Vorsorgelösungen anbieten zu können. Aus meiner Sicht haben der Stadtrat, die Pensionskasse sowie die Arbeitnehmenden einen richtigen, wichtigen und weitsichtigen Entscheid getroffen. Die Führung einer eigenen Pensionskasse wird immer komplexer, das nötige Spezialwissen könnte uns in Zukunft fehlen», sagt Stadtpräsident Gabriel Macedo.
 
93.3 Prozent Ja-Stimmen

Die Genossenschaft ProPublic gewährt den Versicherten im gewählten Vorsorgeplan verbesserte Leistungen. Diese Leistungen erfordern aber von den Versicherten und vor allem von den Arbeitgeberinnen höhere Beitragsleistungen, wobei die Beitragsfinanzierung zu 40 Prozent den Arbeitnehmenden und zu 60 Prozent den Arbeitgebern obliegt. «Damit sorgt der Anschluss an ProPublic zwar für höhere Kosten, eliminiert aber das für die Stadt Amriswil bzw. die angeschlossenen Betriebe seit jeher bestehende Pensionskassen-Risiko für immer», erklärt Strickler. Der Fahrplan sieht einen Anschluss an die Gemeinschaftseinrichtung ProPublic auf den 1. Januar 2024 vor. Vorgängig waren detaillierte Übernahme-Verhandlungen, die Erstellung von individuellen Vorsorgeausweisen für alle Versicherten, die Präsentation der neuen Vorsorgelösung vor allen Arbeitnehmenden und eine Schlussabstimmung nötig. Letzteres, weil ein Wechsel von einer Pensionskasse in eine andere nur mit dem Einverständnis der Mitarbeitenden geschehen kann. Im September haben die Versicherten dem Anschluss zur ProPublic Vorsorge Genossenschaft mit einem Ja-Anteil von 93.9 Prozent zugestimmt. Mit Ausnahme der Bus Oberthurgau AG und der Schulgemeinde haben sich alle angeschlossenen Betriebe für die Anschlusslösung bei der ProPublic ausgesprochen. Die beiden erwähnten Betriebe werden zu anderen Vorsorgeeinrichtungen wechseln.     

Weil die Komplexität und die Regulierung bei der Führung der Pensionskasse der Stadt Amriswil immer grösser wird, wird sie per Ende Jahr aufgelöst.
Weil die Komplexität und die Regulierung bei der Führung der Pensionskasse der Stadt Amriswil immer grösser wird, wird sie per Ende Jahr aufgelöst.
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