Hans Peter Schneider arbeitete von 1964 bis 1985 in der Schuhfabrik Löw in Oberaach. Er führte mit seiner Frau die letzte hiesige Schuhmanufaktur. Die Besuchenden des Ortsmuseums erfuhren am Sonntag Interessantes zum grossen Aufschwung und dem Niedergang der einst blühenden Schuhindustrie.
Die lange Geschichte der Schuhe
Schon die Pfahlbauer banden sich zum Schutz Tierhäute um die Füsse. Die ersten Lederschuhe wurden mit Faustkeilen zugeschnitten und die Löcher mit Spitzknochen ausgestanzt. Die Lederherstellung geschah anfangs per Fettgerbung, Rauchgerbung oder mittels vegetabiler Gerbung. Erst mit der Verwendung von Eichenrinden und Wasser entwickelte sich die Haut zu Leder. Im 19. Jahrhundert lösten mit der Chromgerbung Maschinen die mühsame Handarbeit ab. Erstaunlich ist, dass vor 4'500 Jahren bereits die alten Ägypter Sandalen mit Sohlen aus Zedern- oder Akazienholz und Bändeln aus Pflanzenfasern herstellten. Die Römer hatten in der Schuhherstellung einiges von den Griechen übernommen. Ihre Riemenschuhe waren schon damals ein innovatives Produkt. In der Karolingerzeit (750 bis 950) begann die Schuhfertigung für Angehörige der Kirche, Adlige und Bürger sowie für Arbeiter und Bauern. Die Zeit der Gotik (1200 bis 1500) brachte Schnabelschuhe hervor, bei welchen die Länge des Schnabels Auskunft über den Stand des Trägers gab. In der Renaissance (1500 bis 1600) wurden die Schuhe vorne wieder breiter. Im Barock (1620 bis 1715) prägten vor allem orientalische Vorbilder die Absätze. Nach dem Vorbild des Sonnenkönigs Louis XIV trug man Schuhe mit Diamanten oder Edelsteinen besetzten Schnallen, welche man über Nacht vom Schuh nahm und sicher aufbewahrte. Verblüffend ist, dass es bereits in der Rokoko-Zeit (um 1680) so etwas wie High Heels gegeben hatte, waren doch die Absätze bis 15 Zentimeter hoch. Damals trugen die Menschen der französischen Oberschicht Schuhe mit Rüschen und Maschen, wogegen die Bevölkerung solche aus Leder mit Holzsohlen hatte. Die Französische Revolution veränderte die Mode erneut. Nun trugen Männer lange Hosen (Empire-Zeit, 1795 bis 1820). In der Biedermeierzeit (1815 bis 1848) trug man wieder Unterschuhe aus Holz, damit man nicht im Schlamm einsank. Die Zünfte bestimmten von 1100 bis ca. 1830 das Aussehen der Werkzeuge und gelangten unter Druck der einsetzenden Industrialisierung. Ab 1860 erfuhr mit der Erfindung der Singer-Nähmaschine auch die Schuhmacherei einen grossen Umbruch. Ab 1825 wurde der Leisten zudem maschinell hergestellt. Nun waren bis zu 16 Grössen möglich. Von 1920 bis 1930 erlaubte die Anwendung eines thermoplastischen Klebers die Herstellung von feineren Schuhen. Mit den ab 1970 zunehmenden Schuh-Importen aus Billiglohnländern brach die Schweizer Schuhindustrie zusammen.
Hans Peter und Renate Schneider schenkten der Stadt Amriswil und damit dem Ortsmuseum ihre Sammlung von rund 240 Exponaten.