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Kleine Sprungtalente brauchen unsere Hilfe

6. März 2025
Seit Mitte Februar suchen an warmen und feuchten Tagen Frösche, Kröten und Molche wiederum ihre Laichplätze auf. Dazu müssen sie zum Teil befahrene Strassen überqueren und setzen sich damit grossen Gefahren aus.

Ihre Haut ist glatt, ihr Muster gleicht einem Wunderwerk der Natur und ihre Sprungkraft lässt manchen Weitspringer neidisch werden – Frösche sind ganz besondere Tiere. Einige Menschen haben Angst vor ihnen, andere ekeln sich vor den Amphibien. So ging es auch einigen Schülerinnen und Schülern des Schulhauses Nordstrasse. Denn eine sechste Klasse ist heuer an der Amphibienrettung im Norden der Stadt Amriswil beteiligt. Organisiert wird die Aktion von Myrtha und René Schär. Schon seit langer Zeit sind die beiden jeweils im Frühjahr dabei, den Fröschen, Kröten und Molchen über die Fischenhölzlistrasse zu helfen und retten so vielen von ihnen das Leben. Auf der Suche nach weiteren Freiwilligen, ist auch ein Lehrer des Schulhauses Nordstrasse auf Schärs zugekommen. Während einer kurzen Einführung im Klassenzimmer durften die Schülerinnen und Schüler zumeist ihre ersten Erfahrungen im Umgang mit Amphibien sammeln. «Einige hatten Bedenken, eines der mitgebrachten Tiere anzufassen oder zu halten. Der Ekel legte sich aber bei fast allen, sobald sie zum ersten Mal einen Frosch oder eine Kröte in den Händen hielten», erklärt René Schär. 

Warnschilder und ein Amphibienzaun
Viele Amphibien überwintern in den Gärten von Einfamilienhäusern. Sobald es ab Mitte Februar etwas wärmer wird und regnet, machen sich die Tiere dann auf in Richtung Eisweiher, wo sie ihren Laich absetzen. Um sie vor dem sicheren Tod auf den Strassen zu retten, montierte der Werkhof schon vor einigen Jahren Warnschilder und einen Amphibienzaun. Diesen können die Tiere nicht überwinden. Und genau da kommen auch Myrtha und René Schär und deren freiwillige Helferinnen und Helfer ins Spiel. Ausgestattet mit Handschuhen, machen sich täglich einige von ihnen auf, um die am Zaun aufgehaltenen Tiere in Eimer einzusammeln und über die Strasse zum Weiher zu tragen. Dort werden sie dann vorsichtig wieder freigelassen. 

Stetig sinkende Anzahl an Tieren
Gesammelt werden Erdkröten, Gras- und Wasserfrösche sowie Bergmolche. Und obwohl die Aktion «Amphibienrettung» schon seit einigen Jahren besteht, sinkt die Anzahl an gesammelten Tieren von Jahr zu Jahr drastisch. Waren es 2018 noch rund 1700 Tiere, konnten die Organisatoren ein Jahr später nur noch 917 Tiere verzeichnen. Im Jahr 2023 waren es dann nur noch 706 und im vergangenen Jahr noch 430 Frösche, Kröten und Molche. Wie viele es heuer sein werden, wird sich zeigen. «Durch die aktuellen Baustellen und Umfahrungen ist die Fischenhölzlistrasse im Moment sehr stark befahren, was uns zusätzliche Sorgen bereitet», so Myrtha Schär. Hinzu kommt, dass von rund 1000 Eiern, die ein Weibchen im Jahr legt, gerade mal eines bis zur Geschlechtsreife überlebt. Viele sterben schon als Ei oder Kaulquappe. Einige Jungtiere lassen ihr Leben dann auf der Strasse oder werden von natürlichen Feinden gefressen. Umso mehr sind sich Schärs sicher, mit der Aktion eine gute und wichtige Aufgabe zu übernehmen. Zumal Amphibien in das hiesige Ökosystem gehören und unter anderem viele lästige Insekten wie Mücken oder auch Schnecken oder Kleinkrebse wie Kellerasseln beseitigen. Als Kaulquappen ernähren sie sich zudem von Algen und regulieren so die Algenblüten. Andererseits sind Frösche wiederum Nahrungsquelle für Vögel, Fische und Schlangen. 

Kinder entdecken die hiesige Natur
Viele der freiwilligen Helferinnen und Helfer machen die abendlichen «Amphibien-Sammeltouren» gemeinsam mit ihren Kindern oder Enkeln. So werden schon die Jüngsten sensibilisiert und lernen die Tiere sowie die Problematik kennen. «Uns ist es ein Anliegen, dass auch die Enkelkinder unserer Enkelkinder hier irgendwann noch Frösche entdecken können», so René Schär. 

Vorsicht auf den Strassen
Im Moment hat Familie Schär genügend Helferinnen und Helfer für die Amphibienrettung und ist gut aufgestellt und organisiert. Dennoch kann jeder und jede etwas zur Rettung der Tiere beitragen. Man sollte vor allem bei Dämmerung und in den Abendstunden vorsichtig durch Gebiete fahren, welche in der Nähe von stehenden Gewässern sind. Zudem reicht es nicht, wenn man den Frosch oder die Kröte einfach zwischen die Räder nimmt, um sie nicht zu überfahren. «Durch den Überdruck zerplatzt die Lunge des Tieres und es stirbt qualvoll», so Schär. Wer also einen Frosch, eine Kröte oder einen Molch auf der Strasse entdeckt, hält am besten rasch an, zieht wenn möglich Handschuhe an und bringt das Tier vorsichtig auf die andere Strassenseite. «Aber die Amphibien bitte wirklich nur dort anfassen und wegtragen, wo sie sich in Gefahr befinden. Es ist nicht die Meinung, dass man Frösche etc. überall zusammensammelt und aus ihrer Umgebung reisst», betont Myrtha Schär. Denn die kleinen Tiere wählen ihr Leben lang den gleichen Laichplatz für die Fortpflanzung. Zudem hilft es den Amphibien, wie im Übrigen auch den Igeln, wenn man im Garten in einer Ecke Äste oder Blätter liegen lässt, so dass sich die Tiere einnisten können. «Ein vermeintlich unordentlicher Garten kann ihnen so helfen, zu überleben», erklärt René Schär. 

Bei der Rückkehr auf sich allein gestellt
Die meisten erwachsenen Tiere verlassen die Laichplätze direkt nach dem Laichen wieder in Richtung Sommer- und Winterquartier. Die geschlüpften Jungtiere folgen ihnen im Juli oder August und verlassen damit ihren Geburtsort. Für diese Richtung der Wanderung kann den Tieren nicht mehr geholfen werden, da sie einzeln und über einen längeren Zeitraum verteilt zurückkehren. Sobald die Wanderung in Richtung Laichplatz vorbei ist, entfernt der städtische Werkhof den Amphibienzaun wieder, so dass die Rückkehrer nicht aufgehalten werden und hoffentlich die meisten von ihnen lebendig und gesund im Sommerquartier ankommen. 

In unzähligen freiwillig geleisteten Stunden wird den Amphibien über die Strasse geholfen.
In unzähligen freiwillig geleisteten Stunden wird den Amphibien über die Strasse geholfen.
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