Heinz Brühlmann ist Geschäftsführer der Muldenzentrale Oberthurgau. Im Interview erklärt er, wie sein Beruf auch sein persönliches Abfallverhalten verändert hat.
Herr Brühlmann, welche Dienstleistungen bieten Sie bei der Muldenzentrale genau an?
Seit sechs Jahrzehnten sind wir Experten in den Bereichen Entsorgung, Recycling und Transport. Unser Fokus liegt auf der Planung, Beratung und Umsetzung von Kreislaufwirtschaft, Recycling und Entsorgungsdienstleistungen. Zudem entwickeln wir Strategien zur Reduzierung von Emissionen und schaffen mit unserem Engagement für ökologische und soziale Ziele Mehrwerte für Mensch und Umwelt. Von Mulden- und Containerservice bis zur Gesamtentsorgung für die Industrie, KMU, Gewerbe, Private und Gemeinden übernehmen wir sämtliche Transporte. Unser Leistungsspektrum umfasst auch die ganze Bau- und Landwirtschaft sowie Spezialtransporte. Auch Beratungen und Entsorgungen für Sonderabfälle und Gefahrengut bieten wir an. Am Standort Amriswil betreiben wir zudem eine öffentliche Sammelstelle für über 20 Recyclingstoffe.
Kann man heute noch etwas konsumieren, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben?
Grundsätzlich verursacht jeder Konsum eine Belastung. Es gibt aber schon sehr viele Möglichkeiten, um die Belastungen zu verringern. Ein Beispiel dafür sind die 10 REs aus der Kreislaufwirtschaft:
Wie haben sich die Mengen an Abfall in den letzten Jahren entwickelt?
Jede Person in der Schweiz produziert pro Jahr ca. 700 Kilogramm Abfall, bzw. 1.9 Kilogramm pro Tag. Im Vergleich zu anderen Ländern sind wir Spitzenreiter im Verbrauchen von Ressourcen. Etwas mehr als die Hälfte dieser jährlichen Menge geht ins Recycling und wird wieder dem Kreislauf zugeführt. Die restliche Menge wird in Kehrichtverbrennungsanlagen verbrannt und aus dieser Menge entsteht ca. 20 Prozent Schlacke. Fast ein Drittel der Abfallmenge im Kehrichtsack ist biogener Abfall, also Rüstabfälle, Essensreste oder abgelaufene Lebensmittel. In Bezug auf deren Entsorgung ist noch viel Potenzial vorhanden. Die Menge an Siedlungsabfall pro Person hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Seit einigen Jahren sehen wir jedoch eine leichte Abnahme. Stetig steigt aber die Menge bei den Verbundstoffen, Verpackungsmaterialien, Kunststoffen und vor allem bei den Textilien.
Was genau geschieht mit den Abfällen?
Im Recyclingprozess wird Karton wieder zu Karton, Papier wieder zu Papier und PET-Getränkeflaschen wieder zu PET-Getränkeflaschen verarbeitet. Dieser geschlossene Kreislauf ist ein effizientes System, bei dem Materialien wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden. Bei anderen Kunststoffsorten findet jedoch oft ein sogenanntes Downcycling statt, bei dem das Endprodukt von minderer Qualität ist. Getränke-Glasflaschen und Aludosen hingegen können nahezu unbegrenzt recycelt werden, wobei der Energieverbrauch bei der Aluminiumverwertung aber leider besonders hoch ist. Mehrwegbehälter, wie Einkaufstaschen aus PET-Kunststoff mit langer Lebensdauer, sind daher aus ökologischer Sicht zu bevorzugen. Es ist entscheidend, auf die Wiederverwertbarkeit von Produkten zu achten, da Einwegartikel nicht nur umweltschädlich sind, sondern auch einen höheren Energieverbrauch verursachen.
Wie hat sich Ihr Beruf auf Ihr persönliches Abfall- und Konsumverhalten ausgewirkt?
Es ist für uns nicht immer einfach zu sehen, was die Gesellschaft als Abfall entsorgt. Da versucht man automatisch besser zu sein und optimiert sein Verhalten. Wir leben die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft und suchen stetig nach neuen Wegen, um die Belastungen zu verringern. Ich setze mir konkrete Ziele und halte meine Erfolge schriftlich fest. Regelmässig überprüfe ich meinen ökologischen Fussabdruck, um zu ermitteln, wie sehr mein Verhalten die Umwelt belastet und wie ich diese verringern kann. Verzicht und Reduktion sind für viele Menschen eine Herausforderung, jedoch ist in vielen Fällen ein Umdenken und bewussteres Handeln bereits ein grosser Schritt in die richtige Richtung. Ein einfaches Beispiel: Anstatt Mineralwasser in Flaschen zu kaufen, trinke ich unser sauberes und gutes Leitungswasser. Es geht also nicht um Verzicht, sondern um den bewussteren Umgang mit den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen.
Sensibilisieren Sie auch Ihre Mitarbeitenden bezüglich Nachhaltigkeit?
In unserem Unternehmen ist Nachhaltigkeit ein zentraler Aspekt, dem wir grosse Bedeutung beimessen. Wir streben danach, mit gutem Beispiel voranzugehen. Durch konstruktive Diskussionen kommen wir zu neuen Erkenntnissen und stellen fest, dass selbst kleine Verhaltensänderungen eine grosse Wirkung haben können. Nachhaltigkeit ist wie das Abnehmen von Körpergewicht: Zuerst wird das Ausgangsgewicht ermittelt, dann werden Massnahmen zur Reduktion ergriffen. Nach einer gewissen Zeit wird der Fortschritt überprüft und nachjustiert, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Dieser Prozess schenkt uns nicht nur ein gutes Gefühl, sondern auch ein tieferes Verständnis für unser Handeln.
Wie sehen Sie die Zukunft von Entsorgungshöfen wie Ihrem?
Abfälle wird es immer geben. Unsere Verantwortung sehen wir darin, diese Abfälle bestmöglich zu behandeln. Unser Fokus liegt auf der Rückgewinnung von Energie aus Abfällen sowie verstärktem Recycling, um Materialien effizient in den Kreislauf zurückzuführen. Die Optimierung unserer Fahrzeuge und die Umstellung auf elektrisch betriebene Maschinen und Lastwagen sind zentrale Bestandteile unserer Strategie zur Dekarbonisierung. Darüber hinaus produzieren wir unseren eigenen Strom und setzen auf einen sorgsamen Umgang mit Energie. Unser Ziel ist es, eine Vorreiterrolle einzunehmen und möglichst viele unserer Kunden von unseren Ideen zu überzeugen. Wir möchten Wege aufzeigen, wie wir Gutes noch besser machen können, und gemeinsam Erfolge feiern.