365 mal 10,5 x 14,8 Zentimeter – Genau damit wird der Zwischengang des Stadthauses aktuell geschmückt. Es sind die Werke von Elisabeth Ottenburg, welche die weissen Wände nun zieren. Genauer sind es 365 Postkarten, die im Mittelpunkt der neuen Ausstellung von Kunst in Gang stehen. Die Amriswiler Künstlerin hat im Jahr 2023 jeden Tag eine Postkarte gestaltet. Mal mit Pinsel und Farbe, mal mit Leim und Zeitungsausschnitten und mal mit Faden und Nadel. Immer aber hat sie Dinge verwendet, die ihr an dem jeweiligen Tag zugeflogen sind. Mal findet sie die Reste einer Schokoriegel-Verpackung auf dem Boden, mal blättert sie sich durch eine Zeitung und findet interessante Schriften und Abbilde. Meist hat sie sich dann abends hingesetzt und hat ihr Tageswerk erschaffen. Vielleicht in zehn Minuten vielleicht in einer knappen Stunde. Die so entstandenen Werke zieren nun – Postkarte an Postkarte gereiht – die Wände des Stadthaus-Zwischenbaus. Am nächsten Donnerstag, 28. August, wird ab 19 Uhr die Vernissage der Ausstellung gefeiert. Diese ist öffentlich. Die Stadt offeriert einen Apéro.
Jedes Jahr eine Herausforderung
Ihre Ausstellung im Stadthaus ist nicht die erste dieser Art. Schon zweimal konnte Elisabeth Ottenburg ihre Postkarten – einmal entstanden im Jahr 2010 und einmal entstanden im Jahr 2014 – ausstellen. Letztere Ausstellung fand gemeinsam mit der Künstlerin Isabel Eberle statt. Die 730 gemeinsamen Kunstkarten zeigten die Frauen unter dem Titel «2x365 allTag» im Eisenwerk in Frauenfeld. Ottenburg stellt sich gerne speziellen Herausforderungen. «Zu meiner künstlerischen Tätigkeit gehört unter anderem, dass ich mir immer wieder eine Jahresaufgabe stelle», erklärt sie. Wie hier sind das mal jeden Tag eine Postkarte, auch schon war es jede Woche eine Plastik.
Mit rechts schreiben, links zeichnen
In ihrer Arbeit liebt sie das Zarte und Absurde, das Spiel mit Witz und Ironie. Eine Herausforderung ist, dass sie – obwohl Rechtshänderin – mit links zeichnet. Dies ermöglicht eine freiere unkontrolliertere Ausdrucksweise. «Die Früchte dieses Jahres möchte ich gerne mit anderen teilen und im Kunst in Gang zeigen», erklärt sie.
Über Elisabeth Ottenburg
Aufgewachsen ist die Künstlerin in Basel, hat eine Ausbildung als Sozialpädagogin abgeschlossen und wohnt seit 1999 im Thurgau. Ab 1990 besuchte sie verschiedene Kunstkurse und Weiterbildungen, unter anderem an der Sommerakademie Rheinau, an der F&F Zürich und den gestalterischen Tageskurs «Farbmühle» in Luzern. Dort erhielt sie auch die Grundlagen zu künstlerischen Schwerpunkten und zur Bearbeitung ausgewählter Materialien, welche sie im Selbststudium weiterentwickelte. Seit 2014 nimmt sie an Gruppenausstellungen teil. In Amriswil war sie 2015 Teil der Ausstellung «Kunstgeschäfte» und öffnete an den Kulturnächten schon mehrmals ihre Ateliertüren. In der Stadtgalerie Baliere in Frauenfeld fand 2019 eine erste Einzelausstellung statt. «Objekte und Collagen», so auch der Titel, fügten sich stimmig in die Räume des Gebäudes ein. Dort zeigte Ottenburg unter anderem die Serie «Was immer du willst», die aus gesammelten Einkaufszettelchen bestand. Mittels Assemblagen, Collagen und Modifikation erschafft sie in prozesshafter Arbeitsweise Werke mit oft vieldeutigen Aussagen. 365 davon sind nun im Stadthaus zu sehen. Die Postkarten sind alle käuflich.