Immer am zweiten Samstag im Mai ist der internationale Tag des Fairen Handels. Passend dazu fand am vergangenen Dienstagabend die Jubiläumsfeier «5 Jahre Fair Trade Town Amriswil» statt.
Eine von 2000 weltweit
Dass Amriswil seit einem halben Jahrzehnt Fair Trade Town ist, ist alles andere als selbstverständlich und nur möglich, weil in den Jahren ein Netzwerk zwischen Stadtrat, Unternehmern und Organisationen aufgebaut wurde. Die Teilnehmenden der Fair Trade Town setzen sich aktiv für die Nutzung, den Verkauf und Kauf von fairen Produkten ein. Als Dank dafür wurden alle Partnerinnen und Partner zum Abendessen eingeladen. Amriswil ist noch immer die einzige Fair Trade Town im Kanton Thurgau, eine von 24 in der Schweiz und eine von über 2000 in über 30 Ländern weltweit. Fair Trade Town ist also nicht nur ein kleines Nischenprodukt in der Schweiz, sondern vielmehr eine weltweite Kampagne. In Amriswil sind unter anderem verschiedenste Fachgeschäfte, Grossverteiler, Restaurants und Gastronomien sowie die Schule, Kirchen weitere soziale Institutionen und Banken mit dabei. Insgesamt sind es hier 27 Partner, die Amriswil zur Fair Trade Town machen. Eine Auflistung aller Partner findet sich online unter fairtradetown.ch/town/amriswil.
So funktioniert Fair Trade
Marie-Claire Pellerin, CEO der Claro Fairtrade Schweiz AG, trat als Gastreferentin auf. Claro ist eine der ältesten und führenden Fair-Trade-Organisationen der Schweiz und Trägerin der schweizweit rund 100 Claro-Läden. In diesen gibt es ausschliesslich fair gehandelte Produkte. Im Kanton Thurgau gibt es je ein Geschäft in Romanshorn, Arbon und Frauenfeld. In Amriswil gibt es bislang zwar noch kein Claro-Geschäft, entsprechende Produkte werden aber zum Beispiel im Biowelt-Laden verkauft. Am Beispiel des Kaffees erklärte Pellerin den Anwesenden, welche Auswirkungen es auf die zahlreichen Produzentinnen und Produzenten hat, wenn hier fair gehandelter Kaffee gekauft wird, der zwar etwas teurer ist, dafür aber einen positiven Effekt auf die Arbeitsbedingungen und die Natur im Herkunftsland hat.
Genuss mit einem guten Gewissen
Kaffee kann hierzulande nicht angebaut und muss aus südlichen, tropischen Ländern importiert werden. Und für diese zeichnen sich die importierenden, meist reicheren Länder, verantwortlich. Sie entscheiden, woher und zu welchen Bedingungen Kaffee gekauft wird. In der Schweiz konsumiert eine Person pro Tag durchschnittlich drei Tassen Kaffee. Der Lebensunterhalt von ca. 100 Millionen Menschen weltweit hängt vom Welthandel mit Kaffee ab. Der Kaffeeanbau ist sehr aufwendig und zeitintensiv. Dank Organisationen vor Ort ist es den Kaffeebäuerinnen und -bauern möglich, von ihrer Arbeit zu leben, Weiterbildungen zu besuchen und den Gewinn in ihre Infrastruktur zu investieren.
Fairer Handel, faire Arbeitsbedingungen
Kaffee ist ein empfindliches Produkt, das viel Handarbeit, Zeit und Wissen erfordert. Vom Pflegen der Bäume, über das Pflücken der reifen Kaffeekirschen, dem Selektieren der getrockneten Bohnen bis hin zur Röstung finden zahlreiche Produktionsschritte von Hand statt. Es gibt viele Länder mit enorm vielen Rohstoffen, die aber wenig von deren Ertrag sehen. Die Arbeit und die Ausbeutung bleiben im Land, der Gewinn findet in anderen Ländern statt. «Fairer Handel ist es, zu sagen, wir dürfen Handel betreiben, aber auf Augenhöhe und mit Respekt gegenüber Menschen und der Natur», so Marie-Claire Pellerin. Im konventionellen Handel verbleibt meist nur ein marginaler Teil des Gewinns bei den Kaffeebauern. Zudem sind sie abhängig von massiv schwankenden Weltmarktpreisen und dem Zwischenhandel. Das wenige erwirtschaftete Geld deckt oft nicht einmal die Herstellungskosten. Wiederkehrende existenzbedrohende Szenarien und problematische Arbeitsbedingungen sind die Folge. Vielmals sind im konventionellen Anbau Kleinbäuerinnen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt, weil sie ohne Schutz in Kontakt mit Düngemittel und Pestiziden kommen, deren Einsatz nicht geregelt ist. Auch werden immer wieder Fälle von Kinderarbeit auf Plantagen gemeldet. Der faire Handel hat seit seinen Anfängen in den 70er-Jahren zum Ziel, diese Art von Ausbeutung im Süden zu verhindern und die wirtschaftliche sowie soziale Situation von Kleinproduzentinnen zu verbessern. Hierbei wird direkt bei den Bäuerinnen und Bauern, beziehungsweise deren Kooperativen, eingekauft. Meist noch vor der Ernte werden sowohl ein fixer Mindestpreis als auch feste Abnahmemengen vereinbart. Weiterhin erhalten die Kleinbauern die Fair-Trade-Prämie, die wiederum in örtliche Infrastrukturmassnahmen wie Schulen, Krankenhäuser, aber auch Technologien zur Produktionssteigerung investiert wird. «Das Wichtigste ist, dass der Bauer das verdient, was die viele Arbeit Wert ist und in seine Zukunft investieren kann», so Pellerin abschliessend.