Laut Bundesamt für Statistik sind gemäss Gleichstellungsgesetz in der Schweiz 22 Prozent der Bevölkerung Menschen mit einer Behinderung. In vielen Lebensbereichen sind sie noch immer benachteiligt. Informationen über die Zugänglichkeit von öffentlichen Gebäuden und Anlagen sind eine wertvolle Hilfe für sie. Die Stadt Amriswil hat das erkannt und übernimmt deshalb die Hauptfinanzierung des Projekts «Digitale Zugänglichkeitsdaten» von Pro Infirmis. «Wir tragen dreiviertel der Kosten des Projekts. Das entspricht voraussichtlich rund 36'000 Franken», erklärt Stadtpräsident Gabriel Macedo.
Besuche und Ausflüge im Voraus planen
Menschen mit Behinderung haben zu vielen öffentlichen Gebäuden in der Schweiz auch heute noch keinen ungehinderten Zutritt. Deshalb ist es wichtig, dass diese Menschen ihren Alltag, Besuche oder Ausflüge im Voraus planen können. Um diesem Bedürfnis nachkommen zu können, ist bei der Pro Infirmis die Idee entstanden, zuverlässige Informationen zur Zugänglichkeit auf allgemein zugänglichen Websites zu publizieren. Dazu werden aktuell in verschiedensten Gemeinden, Städten und Regionen alle möglichen Details von öffentlichen Gebäuden vermessen und fotografiert. So können sich Rollstuhlfahrer zum Beispiel vor einem Restaurantbesuch darüber informieren, ob es eine Treppe zum Eingang hat, wie hoch ein Absatz ist oder wie breit die Eingangstüre. Demnach kann dann der Ausflug je nach dem mit oder ohne Begleitperson geplant werden. Die Stadt Amriswil unterstützt das Projekt, weil die gesammelten, für jeden zugänglichen Informationen, die Mobilität und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben fördern. «Es wird damit ein inklusiver Ansatz verfolgt. Das heisst, die Daten sind auf öffentlichen Seiten verfügbar und somit gleich wichtig wie zum Beispiel die Öffnungszeiten von Betrieben oder die Sterne von Hotels», so Macedo. Die zuverlässigen und verifizierten Informationen zu den öffentlich zugänglichen Gebäuden in Amriswil geben den betroffenen Menschen zudem eine Planungssicherheit.
Rund 180 Gebäude in Amriswil erfasst
Von Pro Infirmis organisierte Gruppen aus der Bildungsstätte Sommeri, erfassen die Angaben zur Zugänglichkeit von rund 180 öffentlichen Gebäuden in der ganzen Stadt Amriswil. Die Erfassungs-Teams sammeln dabei wertvolles Wissen für Menschen mit Behinderung und machen gleichzeitig auf das Thema aufmerksam. Die Informationen sollen in erster Linie auf bestehenden, öffentlich zugänglichen Plattformen publiziert werden, so dass keine zusätzliche, separate Website oder APP geschaffen werden muss. «Inklusion ist für mich dann erreicht, wenn alle Menschen ohne zusätzliche Anstrengung das Gleiche erhalten», sagt Macedo. Zudem sind Menschen mit Behinderung als Mitwirkende in der Projekt involviert.
Teams aus Sommeri unterwegs in Amriswil
Auf der Suche nach Erfasserinnen und Erfassern ist Pro Infirmis bei der Bildungsstätte Sommeri auf offene Ohren gestossen. «Die Bildungsstätte Sommeri stellt uns zwei Erfassungs-Teams zur Verfügung, die in den kommenden Wochen mit iPad und Massband ausgerüstet in der Stadt Amriswil unterwegs sein werden», erklärt Patricia Steinmann, Projektleiterin Fachstelle Inklusion bei der Pro Infirmis Thurgau-Schaffhausen. Die Erfasserinnen und Erfasser messen aus, knipsen Fotos und füllen die Angaben in verschiedene Checklisten einer von Pro Infirmis erarbeiteten APP. Diese Checklisten basieren auf den Normen von SIA 500, die auch die Masse von hindernisfreien Bauten regeln. Obwohl die meisten Kriterien die Rollstuhlgängigkeit betreffen, werden auch Informationen für die Zugänglichkeit von Menschen mit Seh-, Hör- oder kognitiver Beeinträchtigung erfasst, zum Beispiel Blindenschrift in Liften und Angebote in Gebärdensprache oder in leichter Sprache. All diese Informationen werden schliesslich mit Piktogrammen dargestellt. Sie dienen so auch älteren Menschen oder Familien mit Kinderwagen.
Digitale Zugänglichkeitsdaten
Die gewonnenen Daten werden anschliessend ins Geoinformationssystem (GIS) Thurgau übertragen. Somit sind die Daten auch auf Plattformen wie search.ch, local.ch, Tourismusseiten und weiteren ersichtlich. Die schweizweite Karte mit Informationen zur Zugänglichkeit steht allen auf der Website von Pro Infirmis zur Verfügung
Für die Erfassung der Daten in Amriswil, rechnet die Pro Infirmis mit 1,5 bis 2 Jahren. Danach werden die geprüften Daten auf den erwähnten Plattformen ersichtlich sein.
Mehr Informationen zum Projekt und zur Pro Infirmis gibt es jederzeit online unter www.proinfirmis.ch.